Im März 2011,wenige Tage nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima, ließ die Bundesregierung insgesamt acht Kernkraftwerke (KKW) für drei Monate zeitweilig stilllegen. Diese Betriebseinstellung wurde weithin als „Atom-Moratorium“ bezeichnet.
Im Nachgang des Moratoriums reichten drei Betreiber deutscher Atomkraftwerke Klagen gegen die Bundesregierung und verschiedene Landesregierungen ein. Unter anderem klagte RWE gegen das Land Hessen auf Schadensersatz für die Auswirkungen des Moratoriums für die KKW Biblis A und B in Höhe von rund 230 Mio. EUR.
Das Land Hessen bestellte ein Team aus NERA Spezialisten unter der Leitung von NERA Director Tomas Haug und NERA Principal Dominik Huebler (zusammen mit Analysten Georg Arndt, Philipp Kroeger, Zhaoxin Pu und Lorenz Wieshammer) als Parteigutachter in dem von RWE angestoßenen Verfahren. NERA wurde damit beauftragt, die Schadensforderung der Klägerin auf ihre Angemessenheit zu prüfen und eventuell nicht beachtete oder falsch bewertete Aspekte zu beleuchten. Die Analyse von NERA konzentrierte sich dabei im Wesentlichen auf zwei zentrale Sachverhalte.
Zum einen überprüfte NERA, inwieweit das „Atom-Moratorium“ die Strompreisentwicklung an den deutschen Spot- und Terminmärkten beeinflusst hat und ermittelte die zusätzliche Gewinne der anderen Kraftwerke der Klägerin, die den entgangenen Erlöse aus den KKW Biblis A und B gegengerechnet werden müssen. Unsere detaillierte Modellierung betrachtet dabei sowohl Preiseffekte, wie auch Volumeneffekte.
Zum anderen betrachtete NERA andere Aspekte, die von der Klägerin nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Hier waren insbesondere ersparte Kosten aus der sogenannten Kernbrennstoffsteuer und die Opportunitätswerte der späteren Nutzung der durch das Moratorium eingesparten Reststrommengen zu bewerten. NERA beriet zudem umfassend zu weiteren ökonomischen Fragen im Rahmen der Klageabwehr.
Nach der ersten Runde von Anhörungen gab das zuständige Landgericht Essen im Dezember 2015 in Hinweisbeschlüssen bekannt, dass es die Sicht der Beklagten dahingehend teile, dass zusätzliche Portfolio-, Preis- und Volumeneffekte zu berücksichtigen seien und bot einen Vergleich an, der deutlich näher an der Schadensschätzung der Beklagten lag.
Im Dezember 2016 kündigten die Betreiber der deutschen KKW an, die Klagen gegen das „Atom-Moratorium“ fallen lassen zu wollen um eine Einigungslösung zwischen Bund und KKW-Betreibern über die Finanzierung des Ausstiegs aus der Kernenergie herbeizuführen.
NERA-Experten beraten regelmäßig als ökonomische Sachverständige in Gerichts- und Schiedsverfahren. Neben Fragen zu Kernkraft und Strommarktmodellierung werden wir auch regelmäßig bei der Neuverhandlung von langfristigen Verträgen sowie zu diversen anderen Themen im Bereich Energie und Infrastruktur bestellt.